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ICONS Superpowered Roleplaying
[978-1-907204-52-4]
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Publisher: Ad Infinitum Adventures
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by Roger L. [Featured Reviewer] Date Added: 03/14/2014 03:31:47

http://www.teilzeithelden.de/20-
14/03/14/rezension-icons-superpowered-roleplaying/

Nominiert als Bestes Spiel, Bester Newcomer und Bestes Regelwerk 2011! So ein Rollenspiel muss doch der Überflieger sein. Im Falle eines Comic-Rollenspiels darf man das sogar wortwörtlich nehmen. Wir werfen einen Blick auf ICONS Superpowered Roleplaying vom bekannten Mutant & Masterminds-Macher Steve Kenson.

Die Spielwelt

ICONS ist ein reines Regelwerk, welches vordergründig auf eine Spielwelt verzichtet und stattdessen den Spielleiter dazu auffordert seine eigene Welt zu erschaffen. Im hinteren Teil werden aber eine Reihe von Helden und Bösewichten vorgestellt, welche mit Abenteuerideen versehen wurden. Gerade bei einer Superhelden-Comic-Umsetzung ist eine voll ausgearbeitete Spielwelt aber auch von eher geringerem Interesse, da man sich in der Regel darauf beschränken kann, sich auf eine zeitliche Epoche (z.B.: 60er Jahre, Gegenwart, Nahe Zukunft,…) festzulegen. Die beschriebenen Charaktere und Bösewichte sind eher humorvoll zu nehmen und lehnen sich nicht an bekannte Protagonisten von Marvel oder DC an.

Die Regeln

ICONS setzt auf Einfachheit, entsprechend werden lediglich W6 verwendet. Um einen gewissen Bereich des Wahrscheinlichen zu konstruieren, nutzt das System ein Plus-Minus-System, der zweite Würfel wird also vom ersten subtrahiert (genannt The Dice). Wie in vielen Adaptionen von Fudge und FATE üblich, werden Werte benannt. Also anstatt Stärke 6 gegen eine Tür der Stärke 3, versuche ich mit beachtlicher Stärke eine durchschnittliche Tür einzurennen. Das funktioniert meistens ganz gut, aber ob nun „Fantastic“, „Amazing“ oder „Great“ besser ist, erschließt sich mit letzter Sicherheit wohl nur Muttersprachlern, so dass man schlussendlich doch wieder beim Ansagen von Zahlenwerten hängenbleibt.

Proben laufen in der Regel immer nach dem Schema Attribut + The Dice, dazu kommen Situations-Modifikationen. Übersteigt das Ergebnis die vom Spielleiter aufgestellte Schwierigkeit, gilt der Versuch als erfolgreich. Je nachdem, um wieviel die Probe gelungen ist, wird der Effekt ausgeschmückt.

Beispiel: Firebug hat eine exzellente Intelligenz (5) und versucht eine beachtliche (6) Verschlüsselung zu knacken. Da er unter Druck steht, erhält er einen Malus von 1. Er würfelt 6 und 1. Ein Topergebnis! Damit hat er

Intelligenz(5) + Würfel 1(6) – Würfel 2(1) – Schwierigkeit(6) – Malus(1) = 3

Laut Liste ist eine 3 ein „Major Success“, was bedeutet, dass er die Verschlüsselung knackt und den Inhalt versteht. Mit 5 oder mehr hätte er sogar einen „secondary benefit“ erhalten, also vielleicht denjenigen rausbekommen, der hinter der Verschlüsselung steckt.

Man sieht, dass die dahinterliegende Mathematik nicht über die Maße schwer ist, aber man doch einiges hin und herrechnen muss. Das obere Beispiel zeigt aber auch, dass unter bestimmten Umständen ein „Massive Success“ gar nicht möglich ist, da es keine Möglichkeit gibt, dass Würfe explodieren und sich so zufällig ungewöhnlich hoch oder tief verhalten.

Erwähnenswert ist dabei, dass die Spielleitung selbst nie würfelt. Bei einer Attacke überwinden die Helden einen fixen Wert des Gegners und bei der Gegenwehr widersetzen sich die Helden einem fixen Angriffswert.

Charaktererschaffung

Charaktere werden in ICONS nicht klassisch erstellt, sondern erwürfelt. Und zwar in jeder Hinsicht. Zwar gibt es ein optionales Generierungssystem basierend auf Punkten, dieses ist aber weit weniger lustig und auch nur mäßig gut ausbalanciert. Im ersten Schritt wird die Herkunft des Helden ermittelt, die kann alles zwischen „Trainierter Mensch“ bis zu „Überirdisch“ sein. Je nachdem was man würfelt, bekommt man später eine Mischung aus Vor- und Nachteilen. Optional kann man diesen Schritt auch überspringen. Schritt Zwei umfasst das Ermitteln der sechs Attribute (Tapferkeit, Koordination, Kraft, Intelligenz, Bewusstsein, Willenskraft), dabei liegt der Durchschnitt bei 5, was schon gehobenen menschlichen Werten entspricht. Sollte man insgesamt keine 20 Punkte erhalten, darf man neu würfeln. Nach der Ermittlung können lediglich zwei Werte getauscht werden, um den Charakter etwas an die eigenen Vorstellungen anzupassen. Es folgt das Auswürfeln der Powers oder Superfertigkeiten, diese umfassen gut 30 Seiten und decken damit so ziemlich alles ab, was man in Superhelden-Comics entdeckt haben könnte. Das Fertigkeitssystem ist denkbar einfach und stellt lediglich die Talente dar, die der Held besonders gut beherrscht, also bei einer Anwendung einen kleinen Bonus erhält.

Als FATE-Derivat kennt ICONS natürlich auch Aspekte, diese werden Determination (Bestimmung) genannt. Dabei kann es sich um Beinamen („Die Menschliche Fackel“) oder Slogans („Ich bin Batman!“), aber eben auch eine Schwäche („Kryptonit“) handeln. Die Verwendung dieser Aspekte wird recht feingliedrig zerlegt und macht das Spiel leider etwas blätterintensiv. Das hätte man einfacher bzw. freier regeln können. An dieser Stelle greift auch das einzige Balancing des Systems ein: Je mehr Superfähigkeiten, desto weniger Determination-Punkte. Anders als ein FATE-Aspekt kann eine Determination aber nicht jederzeit genutzt werden, sondern nur, wenn man an etwas scheitert, würfelt oder ähnliches. Ergo: Es ist eher eine Reaktions- aber keine Aktionsmöglichkeit.

Insgesamt ist das Erstellungssystem wirklich ganz spaßig, wenn man sich darauf einlässt. Das Ganze hat aber zur Folge, dass es schwierig ist ein Team mit den typischen Archetypen (Tank, Healer, Brain, …) zu füllen, sondern man mehr improvisieren muss. Die Charaktere sind definitiv nur unzureichend ausbalanciert und so kann der naive Schwächling mit einer Fertigkeit schnell neben dem superfitten Megabrain mit fünf Supermächten stehen. Dass man sehr viel würfelt (im Schnitt 20x) und hin und herblättern muss, ist nicht jedermanns Sache. Vor allem, wenn man in der Gruppe seine Charaktere erstellt, sollte man sich darauf beschränken seine Fertigkeit nur zu notieren und sich diese erst später im Detail durchzulesen.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht

ICONS spielt sich als Spielleitung leider etwas steril, denn diese würfelt nicht und hat auch keine Möglichkeit auf „Determination“ als Ressource der Bösewichte zurückzugreifen. Damit hat man kaum eine Möglichkeit in das Spielgeschehen einzugreifen. Spielführung verkommt so schnell zu Spielverwaltung. Und auch wenn man immer sagen kann, dass ja die Spieler ihren Charakter an die Wand gefahren haben, so kennt es doch fast jeder SL, dass man hier und da einfach mal Gnade vor Recht ergehen lässt und einen Würfelwurf absichtlich danebensetzt: ICONS bietet diese Möglichkeit nicht. Auf der anderen Seite muss man sich recht gut vorbereiten, da ein Gegner oder Hindernis sehr schnell zu leicht oder zu schwer werden kann, wenn er nicht auf die Charaktere abgestimmt ist. Darüber hinaus fällt gerade als SL schnell auf, dass ICONS mit sehr rudimentären Regeln daherkommt. Fahrzeuge oder die Herstellung von Gegenständen, die gerade in vielen Comics eine große Rolle spielen, muss man stattdessen improvisieren. Waffen oder Rüstungen als solche gibt es nicht, diese sind wenn dann ein Aspekt des Charakters.

Der Spielleiterteil als solcher bietet kaum etwas Neues, sondern befasst sich hauptsächlich mit den Grundprinzipien des Spielleitens. Für Anfänger sicherlich gut, für Fortgeschrittene bietet es aber zu wenig Informationen, die sich speziell auf das Genre beziehen.

Die Auflistung der Bösewichte ist gut gemacht und bietet eine Vielzahl an Abenteuerideen. Voll ausgearbeitete Szenarien gibt es dagegen nicht, lediglich die zwei Seiten „The Wages of Sin!“ bieten einen guten Ansatz, um loszuspielen. Der eine oder andere Bösewicht ist nett gemacht, würde beim Einsatz aber vielleicht eher zum Lächeln anregen, denn wie eine Bedrohung wirken.

Spielbarkeit aus Spielersicht

Wenn man sich auf das Abenteuer der Charaktererstellung mal eingelassen hat, dann spielt sich ICONS erstaunlich flüssig. Das Regelsystem ist nicht unnötig kompliziert und schnell verinnerlicht. Dass ICONS bestimmte Aspekte der Regeln umbenannt hat, gerade im Kampf, ist zwar der Comic-Adaption geschuldet, nimmt aber hier und da die Geschwindigkeit aus der Action, da nicht jeder sofort im Kopf hat, dass eine Aktion ein Bild und eine Runde eine Seite ist. Gerade in Zeiten, wo viele mit Comics doch eher Kino-Blockbuster verbinden, etwas antiquiert. Das Regelsystem ist eingängig gemacht und die Würfelmechnik hat man schnell raus. Die Rechenarbeit lässt sich locker im Kopf machen. Da sich jeder Wert um +/- 5 verändern kann, ist man selbst mit extremen Werten nie hundertprozentig auf der sicheren Seite. Dennoch ist das Risiko intuitiv einschätzbar. Etwas schade ist das Fehlen eines Erfahrungssystems. Das optionale Verbesserungssystem setzt lediglich darauf, dass ein Held unter bestimmten Umständen seine Basis-Determination in Powerstunts, Supermächte oder Ressourcen umwandeln kann. Da sich diese wiederum aus den schon vorhandenen Powers bestimmt (siehe Charakterentwicklung), führt diese bestenfalls dazu, dass im Laufe der Zeit alle Charaktere auf ein ähnliches Niveau gehoben werden. Wer aber mächtig beginnt, kann sich nicht weiterentwickeln. Als wirklichen Nachteil möchte ich dies aber nicht werten, da Charakterentwicklung in der Mehrzahl der bekannten Superhelden-Spiele keine große Rolle spielt. Wie alle Spiele, die auf Aspekten basieren, um Vorteile zu erkaufen, leidet auch ICONS etwas unter einem bestimmten Problem: Man ist schnell versucht, jedes Hindernis so umzuinterpretieren, dass es durch die passenden Aspekte überwunden werden kann.

Preis-/Leistungsverhältnis

Derzeit ist ICONS für gerade mal 10 USD erhältlich. Dafür erhält man ein in sich stimmiges Regelwerk oder zu mindestens eine gute Regelbasis. Das Artwork kann mit vielen Fanwerken bekannter Systeme kaum mithalten, aber zu dem Preis ist das okay. Für die ursprünglichen 30 USD hätte ich hier deutlich mehr erwartet. Wie schon das Schwesterprodukt „Mutants & Masterminds“ setzt ICONS auf die Strategie der Micro-Veröffentlichung. Das heißt, es erscheinen Unmengen an Erweiterungen von geringem Umfang (wenige Seiten) zu einem nicht all zu hohen Preis. In Summe kann dies aber sehr teuer werden, wenn man als Sammler alle Veröffentlichungen haben möchte. Leider gibt es auch bislang kaum interessante Bundles.

Erscheinungsbild

ICONS Superpowered Roleplaying wird ausschließlich als PDF ausgeliefert, enthalten sind sowohl eine schlanke, als auch eine hochauflösende Version, je nachdem, ob man das Werk am Monitor, im Druck oder gar auf dem Tablett/E-Book-Reader genießen möchte. Die 128 Seiten sind durchgehend farbig hinterlegt und enthalten eine Vielzahl an Superhelden-Illustrationen von Dan Hauser. Der Stil erinnert entfernt an den von Fate2Go, ist aber wesentlich schlichter gehalten. Die Schrift ist angenehm groß, das kostet auf der einen Seite Platz, ist dafür aber auch im doppelseitigen Broschürendruck noch gut zu lesen.

Auf dem E-Book-Reader (getestet: Sony PRS-T1 und Tolino) funktioniert die normale Version sehr schnell und bietet allen Komfort eines gut designten PDF, wie z.B. ein sehr detailliertes Inhaltsverzeichnis. Verlinkungen innerhalb des Textes gibt es leider nicht. Auch auf einen Index oder ein Glossar wurde verzichtet.

Insgesamt ist das Layout zweckmäßig, auch wenn die Illustrationen irgendwie etwas zu simpel daherkommen. Sie geben dem Werk einen leicht „billigen“ Anstrich.

Bonus/Downloadcontent

ICONS bietet neben dem Grundregelwerk noch eine ganze Reihe von Erweiterungen, die meistens Helden oder Bösewichte abhandeln. Dazu gibt es einige Abenteuer. Diese liegen preislich zwischen 5 und 8 USD für um die 20 Seiten Inhalt. Wer mal einen Blick auf die Charaktererstellung werfen möchte, kann sich das kostenlose Hero Creation Quick-Sheet anschauen. Mit der Erweiterung „Great Power“ liefert ICONS übrigens auch vollständige Conversion-Regeln für Fate Core von Evil Hat Productions.

Fazit

Um den Teaser aufzulösen: ICONS war in drei Kategorien der ENnie Awards 2011 nominiert, hat aber keine gewonnen, hier hat gleich zweimal Dresden Files dazwischengefunkt, was natürlich nichts über den persönlichen Spielspaß aussagt, den man mit ICONS haben kann. Aber kommen wir zum Fazit: Noch nie lag ein Rezensionsexemplar so lange auf meinem Schreibtisch und warte darauf, abgearbeitet zu werden. Mehrfach versuchte ich mich daran, mich in das System einzuarbeiten, aber so richtet fesseln wollte es mich einfach nicht. ICONS ist kein schlechtes System, so ist das nicht, aber es vermag sich auch nicht positiv von den Mitbewerbern abzusetzen. Vielleicht waren die Erwartungen durch die enormen Vorschusslorbeeren etwas überzogen. Mich ganz persönlich konnte ICONS leider nicht überzeugen, da die Regeln von zu vielen anderen Systems gut abgedeckt werden und auf der anderen Seite kein interessantes Setting Lust aufs Spielen macht.

Generell kann ich ICONS Spielern empfehlen, die bereit sind eine Welt auf Nichts aufzubauen und sich dabei nicht davor scheuen, die doch teilweise wagen Regeln zu interpretieren. Klassischen Old-School-Spielern, die für jede Situation eine Regel benötigen, rate ich dagegen von ICONS dringend ab.



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